Timo Bolls chinesischer Klub Shandong Luneng darf den Sieg in der stärksten Liga der Welt feiern.
Nicht ganz unerwartet nach dem Halbfinal-Erfolg über den starken Mitfavoriten Bayi, konnten auch Dimitrij Ovtcharov und Jiangsu Super Cable den Triumphzug Shandongs nicht stoppen.
Aber es ging weitaus enger zu als es das glasklare Endergebnis von 3:0 vermuten lässt. Ovtcharov, der sich im Lauf der Runde zum Führungsspieler seiner Mannschaft gemausert hatte, die ohne Deutschlands Nummer eins nie und nimmer ins Finale vorgestoßen wäre, hatte es im Auftaktmatch gegen Zhang Jike auf dem Schläger, die Partie in eine andere Richtung zu lenken.
„Dima“ agierte auf ganz hohem Niveau, konnte zweimal einen Satzrückstand wettmachen und führte im alles entscheidenden fünften Durchgang rasch mit 4:0. Doch es reichte nicht für den Europameister, obwohl Satz fünf in der Super League lediglich bis zum siebten Punkt gespielt wird. Im Anschluss verlor der Weltranglistenvierte nämlich sieben Ballwechsel in Serie.
Damit waren die Weichen gestellt, ohne den ersehnten und durchaus realistischen Punkt des Leaders konnte Jiangsu nichts mehr entgegensetzen. Danach konnte sein Team nur noch einen einzigen Satzgewinn verbuchen. Diesen erspielte Cui Qinglei, in der Weltrangliste als Nummer 167 (im März, danach aus der Wertung gefallen) weit unter Wert notiert, gegen Hao Shuai beim 11:7, 6:11, 7:11, 8:11.
Auch das Doppel – in der CTTSL nur auf zwei Gewinnsätze gespielt – konnte der inzwischen recht einseitigen Angelegenheit keine Wende mehr geben. Fang Bo und Hao Shuai kamen gegen Lin Chen/Zhang Chao beim 2:0 (11:8, 11:7) nie wirklich in Gefahr.
Es war vollbracht, der neue Champion durfte jubeln. Das Finale, das vom chinesischen Staatssportsender CCTV5 live übertragen wurde, fand in ganz China große Resonanz, nicht vergleichbar etwa mit der eines TTBL-Finales in Deutschland.
Auf seiner Facebook-Seite kommentierte „Dima“ das Finale so: „Finalniederlage. Leider haben wir gegen die Übermannschaft der Saison Luneng Shandong mit 0:3 verloren. Dabei habe ich eine der wohl bittersten Niederlagen meiner Karriere gegen den amtierenden Olympiasieger Zhang Jike einstecken müssen. Vor allem nach der 4:0-Führung im Entscheidungssatz hatte ich riesige Chancen auf den Sieg. Trotzdem bin ich sehr stolz auf meine Mannschaft, den Einzug in das Finale hatte uns wirklich niemand zugetraut! Glückwunsch an Shandong zu einer überragenden Saison!“
Auch wenn es „nur“ Silber gab, kann man Dimitrij Ovtcharov in jedem Fall positiv anrechnen, dass er in Jiangsu einen Außenseiter überraschend bis ins Endspiel geführt hat. „Dima“ erzielte als Spitzenspieler in der stärksten Liga der Welt eine 12:10-Bilanz, mit der er mehr als zufrieden sein kann. Damit hat er gezeigt, dass er im Konzert der ganz Großen erfolgreich mitspielen kann und – mehr noch -, dass er Führungs-Qualitäten besitzt. Nicht von ungefähr wird der beste Deutsche seit April als Nummer vier der Welt geführt – das ITTF-Ranking lügt eben doch nicht, zumindest nicht immer.
Die Mannschaft von Timo Boll, in der Zhang Jike ein grandioser Führungsspieler war und Hao Shuai über die gesamte Saison mit guten Leistungen überzeugte, durfte jubeln. Nicht wirklich gut lief es für den Weltranglistenzehnten persönlich, der eine „gebrauchte“ Super-League-Runde spielte. Während Boll in der Vorsaison noch eine stolze 8:2-Bilanz in der stärksten Liga der Welt hinlegte, enttäuschte er diesmal und musste nach einem einzigen Sieg in sieben Matches auch schon in den Wochen vor dem großen Finale die Bank drücken.
Da spielte sein Kumpel und Rivale Ovtcharov schon eine ganz andere, tragende Rolle in seinem Klub. Vielleicht neigt sich die ganz große Zeit des großen Sympathieträgers Tischtennis-Deutschlands allmählich dem Ende zu. Damit ist nicht die TTBL-Ebene gemeint, dort ist er noch jederzeit in der Lage, den Unterschied zugunsten seiner Düsseldorfer Borussia auszumachen. Jedoch scheint es, dass Boll gegen die Giganten dieses Sports nur noch selten Siege aus sich herauskitzeln kann.
Andererseits gilt auch hier, dass Totgesagte bisweilen länger leben. Und immerhin darf sich der Odenwälder nun schon zu zweiten Mal in seiner Karriere Super-League-Sieger nennen – vor drei Jahren hatte er mit Hangzhou schon einmal die oberste Stufe der Leiter erklommen.
Finale
Shandong Luneng – Jiangsu Super Cable 3:0
Zhang Jike – Dimitrij Ovtcharov 3:2 (9,-3,9,-7,7:4)
Hao Shuai – Cui Qinglei 3:1 (-7,6,7,8)
Fang Bo/Hao Shuai – Lin Chen/Zhang Chao 2:0 (8,7)
Die kompletten Teams der Finalisten
Shandong Luneng
Zhang Jike, Timo Boll, Hao Shuai, Fang Bo, Wu Hao, Wei Shihao, Liu Dingshuo
Jiangsu Super Cable
Dimitrij Ovtcharov, Cui Qinglei, Zhang Chao, Lin Chen, Wu Jiaji, Cai Wei, Wang Yikai, Wang Kelin
Halbfinals
Shandong Luneng – Bayi Rongsheng Heavy Industries 3:2
Hao Shuai – Fan Zhendong 2:3 (-7,8,8,-5,3:7)
Zhang Jike – Xu Chenhao 3:0 (6,5,8)
Fang Bo/Hao Shuai – Xu Chenhao/Zhou Yu 1:2 (9,-8,7:9)
Zhang Jike – Fan Zhendong 3:0 (6,6,8)
Fang Bo – Zhou Yu 2:0 (8,11)
Jiangsu Super Cable – Ningbo Haitian 3:0
Dimitrij Ovtcharov – Yan An 3:2 (-8,11,-3,6,4)
Cui Qinglei – Joo Saehyuk 3:1 (7,-8,6,4)
Lin Chen/Zhang Chao – Joo Saehyuk/Lin Gaoyuan 2:1 (6,-8,2)
Offizielle Webseite der Chinese Super League (CTTSL)