Der geistig behinderte Tischtennis-Sportler Hartmut Freund aus Bietigheim-Bissingen hat erstmals die Nationalen Spiele der Special Olympics gewonnen. Im Duell der beiden mit Abstand besten Spieler des Turniers schlug der Schwabe im Finale in Düsseldorf den Pfälzer Patrick Kilian, der im Nichtbehindertensport in der Bezirksklasse spielt. Freund ist damit der erste „Meister aller Klassen“ im Tischtennissport von Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland: Der Titelträger des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) ist nun auch nationaler Champion des Verbands Special Olympics Deutschland (SOD).
Der 46-jährige Schwabe, der im Nichtbehindertensport für den TTC Bietigheim-Bissingen spielberechtigt ist, war in Düsseldorf zum ersten Mal bei den im zweijährigen Turnus stattfindenden Nationalen Spielen der Special Olympics angetreten. SOD ist der größte Sportverband für Menschen mit einer geistigen Behinderung in Deutschland. Bis vor kurzem war Freund im Behindertensport nur im DBS aktiv, wo vor allem körperbehinderte Tischtennis-Spieler ihren Sport betreiben – in zehn verschiedenen Startklassen. Daneben werden im DBS seit 2011 auch Deutsche Meisterschaften für Sportler mit geistiger Behinderung in der Wettkampfklasse (WK) 11 ausgetragen. Viele geistig behinderte Sportler sind schon länger in beiden Sportverbänden aktiv, etliche aber auch nur in einem der beiden Verbände.
Die Teilnehmerzahl bei den Nationalen Spielen der Special Olympics in der Sportart Tischtennis ist rund zehnmal höher als bei den Deutschen Meisterschaften des DBS in der WK 11: In der monumentalen Leichtathletik-Halle des Arena-Sportparks in Düsseldorf waren in der vergangenen Woche 429 Tischtennis-Sportlerinnen und -Sportler an 40 Platten am Start. Dafür ist das durchschnittliche Leistungsniveau bei den Special Olympics niedriger als bei den DBS-Titelkämpfen. Beim DBS wird auf drei Gewinnsätze gespielt, bei Special Olympics nur auf zwei. Die Special Olympics sind eher breitensportorientiert, der DBS zielt mehr auf den Leistungssport ab.
Allerdings sind in den höchsten Leistungsklassen der Special Olympics – wie beim DBS – auch Tischtennis-Sportler am Start, die Verbandsspiele im Nichtbehindertensport bestreiten. Patrick Kilian etwa startet für das erste Herren-Team des AC Thaleischweiler in der westpfälzischen Bezirksklasse. Freund dagegen spielte zuletzt für den TTC Bietigheim-Bissingen in einer niedrigeren Spielklasse, der Kreisklasse B. Die beiden waren noch nie gegeneinander angetreten, weil Freund im Behindertensport bisher nur im DBS und Kilian nur bei den Special Olympics aktiv war. Gerade deshalb war das Duell so reizvoll. Am Ende entschied der schwerer behinderte Schwabe, der während des Matchs nie den aktuellen Spielstand wahrnimmt, das Finale dank der offensiveren Rückhand mit 11:9 und 11:9 für sich.
Der Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB), Thomas Weikert, und SOD-Präsident Gernot Mittler unterzeichneten während der Spiele in Düsseldorf eine Kooperationsvereinbarung. Dabei geht es nach Angaben beider Verbände darum, geistig behinderten Tischtennis-Sportlern den Zugang zu Vereinen des Nichtbehindertensports zu erleichtern, gemeinsame Sportveranstaltungen zu organisieren sowie in Trainerausbildung und Medienarbeit zusammenzuarbeiten. Eine ähnliche Vereinbarung hatte der DTTB kürzlich mit dem DBS abgeschlossen. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen SOD und dem DBS gibt es im Tischtennis bisher nicht.
(Text & Foto: Norbert Freund)