Die TG Langenselbold war am Sonntag Ausrichter eines nicht alltäglichen Damen-Tischtennis-Events. In ihrer schmucken Tischtennishalle gastierten der ungeschlagene Spitzenreiter der Damen-Bundesliga ttc berlin eastside und Schlusslicht NSC Watzenborn-Steinberg.
Nun, der Sieg ging erwartungsgemäß mit 6:0 an die Berlinerinnen, Champions-League-Sieger 2012, die keine 40 Stunden zuvor nach einem richtigen Krimi gegen Schröck das Halbfinale der diesjährigen Königsklasse Europas erreicht hatten.
Anschließend gab es einen hoch interessanten Schaukampf, bei dem heißblütig um den Sieg gekämpft wurde. Alles in allem wurde so aus einem eher langweiligen, da einseitigen Bundesligaspiel ein unterhaltsames Event, bei dem die Zuschauer reichlich Spaß hatten.
Der Underdog aus Mittelhessen ist in der zweiten Saison im Oberhaus vertreten und hat bisher sämtliche Partien verloren – die knappste war ein 3:6 letzte Saison gegen Bingen. Dennoch darf man erstklassig bleiben, solange die Liga ihre Sollstärke nicht erreicht.
Hier das Hauptstadtteam mit internationalem Flair – auch wenn drei eastside-Profis DTTB-Nationalspielerinnen sind –, dort eine Truppe mit lauter Hessinnen. Welt gegen Provinz könnte das Motto lauten. Die Provinz verkaufte sich jedoch im Rahmen ihrer Möglichkeiten teuer und konnte, besonders in den Doppeln, recht gut mithalten. So stand das NSC-Duo Angelina Gürz/Inka Dömges dicht vor einem Sieg gegen Georgina Pota und Kristin Silbereisen. Im dritten Satz hatte man vier Matchbälle. Nutzen konnte man keinen davon, was die Damenriege aus Mittelhessen während der gesamten Partie nicht davon abhielt, reichlich gute Laune zu verbreiten.
NSC-Trainer Markus Reiter wusste weshalb: „Unsere Spielerinnen passen charakterlich optimal zusammen und können mit Niederlagen umgehen. Sie haben sich ganz bewusst für das Abenteuer 1. Liga entschieden und genießen jedes Spiel.“ Watzenborns Nummer drei, Désirée Menzel, bestätigte ihren Coach: „Wir haben unseren Spaß, auch wenn wir klar verlieren. Das klappt aber nur, weil wir so super harmonieren.“
Die übrigen Matches verliefen recht deutlich zugunsten der Hauptstädterinnen, wobei nur Angelina Gürz noch einen Satz gegen Pota, aktuelle Nummer 55 der Welt, gewinnen konnte. In etwas über einer Stunde hatte der Ligaprimus die Ernte eingefahren, der in der Stadt an der Gründau, nur wenige Kilometer von Hanau entfernt gelegen, formal das Heimrecht genoss, auch wenn 80 Prozent der insgesamt rund 150 Zuschauer eher den Underdog unterstützten.
Andreas Hain hatte als selbst aus der Region stammender Manager der gemeinsamen Ausrüsterfirma Langenselbolds und Berlins den „Deal“ eingefädelt. An diesem Tag fungierte er überdies als Coach der Berliner Damen und war vollauf zufrieden: „63 Minuten haben wir gebraucht. Das ist neuer Bundesliga-Rekord. Es war ja nicht ganz leicht, die Spielerinnen keine zwei Tage nach dem Champions-League-Knaller wieder neu zu motivieren.“ Markus Reiter tangierten solche Probleme aus einer anderen Tischtennis-Welt wenig: „Heute waren wir schon einen Tick besser als im Hinspiel. Wenn wir das Doppel gewonnen hätten, in dem wir vier Matchbälle hatten, wäre für uns ein kleiner Vorweihnachtstraum in Erfüllung gegangen. Wir freuen uns jedenfalls über jede kleine Steigerung und werden, nach dem Stimmungsbild in der Mannschaft, wohl auch nächste Saison wieder in der 1. Liga spielen.“
Die Fans, die bei dem kurzweiligen, äußerst professionell präsentierten Event richtig gut mitgingen, sollten noch eine Zugabe erhalten. Es gab nämlich noch ein vorweihnachtliches Highlight am Tisch. Langenselbolds Spitzenspieler Michael Mengel, mit einer 21:1-Bilanz derzeit bester Hessenliga-Akteur und in der Vorsaison noch in der Regionalliga erfolgreich, forderte Berlins Defensivspezialistin Irene Ivancan zum Showkampf heraus. Und es wurde ein richtig gutes Match auf Augenhöhe zwischen dem Selbolder „Abwehrkiller“ und der 1,82 Meter großen Nationalspielerin. Mengel, der die Fähigkeit besitzt, flache, langsame Bälle – ob mit viel, wenig oder ganz ohne Rotation – mit seiner Rückhand torpedoartig durchzuschießen, spielte mit unbändigem Siegeswillen. Das motivierte Ivancan, es ihm gleichzutun. Ursprünglich waren nur zwei Gewinnsätze vorgesehen – die Bundesligaspielerin gewann mit 2:1. Doch sie ließ sich vom Bruder des amtierenden deutschen Einzelmeisters überreden, auf drei Gewinnsätze aufzustocken, nach deren Ende dann der schweißgebadete Mengel die Nase vorne hatte.
Irene Ivancan: „Wenn Michael eine Dame wäre, würde er schon in der 1. Bundesliga spielen. Ob es allerdings für das Team von eastside reichen würde, vermag ich nicht zu sagen. Er wäre jedenfalls ein guter Trainingspartner für mich.“ Michael Mengel: „Puh, das war ganz schön schwer! Dabei spiele ich sehr gerne gegen Abwehr. Vom Niveau her war das mindestens Herren-Regionalliga.“
Langenselbolds Macher Matthias Leißner war rundum zufrieden: „Eine prima Veranstaltung. Die Zuschauer hatten ihren vorweihnachtlichen Spaß. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, organisieren wir gerne wieder ein solches Event.“ Andreas Hain pflichtete ihm bei: „Wir hätten das Spiel in Berlin kaum vermarkten können und Watzenborn hätte endlos fahren müssen. So ist allen gedient und das Publikum hatte reichlich Vergnügen dabei.“