Wir präsentieren als besonderen vorweihnachtlichen Leckerbissen ein brandaktuelles Interview mit Chinas Trainer-Ikone Liu Goliang auf TT-NEWS.
Der 37-jährige einstige Weltklassespieler – Olympiasieger 1996 in Atlanta, Einzel-Weltmeister 1999 in Eindhoven – gibt freimütig und kritisch Antworten auch auf heikle Fragen.
Wir bringen das Interview mit dem chinesischen Cheftrainer, der in seinem Heimatland das Heft fest in der Hand hat, in drei Teilen und beginnen nachfolgend mit dem ersten.
Zhang Jike wird in der Weltrangliste seit März nur auf auf den Plätzen drei oder vier geführt, obwohl er amtierender Weltmeister und aktueller Olympiasieger ist. Setzt er klare Prioritäten und ist lediglich auf die Großevents fokussiert oder kann er sich für andere Turniere nicht hundertprozentig motivieren?
„Seine Leistungen bei großen Turnieren sind tadellos, aber sein Abschneiden bei anderen Events ist verbesserungswürdig. Es gibt verschiedene Gründe. Dazu gehört auch ein Mangel an Sorgfalt und Verantwortungsgefühl hinsichtlich des eigenen Körpers, woraus Verletzungen resultieren.“
Diese Aussage ist etwas überraschend, da China einen riesigen Stab an Trainern, Co-Trainern, Athletiktrainern, Physiotherapeuten und sonstigen Betreuern hat, da sollte man davon ausgehen, dass die chinesischen Spitzenspieler permanent perfekte Rahmenbedingungen haben, in denen es kaum Möglichkeiten gibt, sich nicht ideal zu verhalten?
„Zu perfekten Rahmenbedingungen mit gezieltem Training gehören unter anderem auch vernünftige Ernährung, Fitness, Regeneration und auch ein eigene Verantwortung des Spielers für seine Gesundheit. Man muss sich immer gewissenhaft vorbereiten, vorbildlich als Profisportler leben und muss Zeichen seines eigenen Körpers erkennen, um immer in bestmöglicher körperlicher Verfassung zu sein.“
In dieser Hinsicht sind Sie nicht zufrieden mit Zhang Jike?
„Das habe ich ihm auch deutlich gesagt. Er hat viele herausragende Titel gewonnen, aber sein Verantwortungsbewusstsein für seine Gesundheit und seine körperliche Verfassung stehen zu seinen Erfolgen im Widerspruch. Wir haben viele Spieler, die an mehr Events teilgenommen haben als er, die sich aber trotzdem noch in einem fitteren Zustand präsentiert haben. Natürlich hat jeder Athlet Formschwankungen mit Höhen und Tiefen. Ich sehe das auch als normal an, dass er nach seinem Triumph in London 2012 durch die Vielzahl von Terminen und Aktivitäten erst einmal in schwächerer Verfassung war. Um solche Phasen geht es mir auch nicht. Anlass zur Kritik geben mir seine Auftritte beim World Team Cup und den Korea Open. Ich erwarte von ihm, dass zukünftig seine Verantwortung für seinen Körper auf derselben Ebene steht, wie seine Erfolge in den letzten Jahren. Bislang hat er dafür nicht genug getan.“
Ist das auch ein wichtiges Zeichen für alle anderen chinesischen Topstars, allen voran Ma Long, dass man für große Titel permanent hart arbeiten muss, sich immer professionell verhalten muss und dabei auch selber einen großen Fokus auf Gesundheit und Fitness legen muss?
„Natürlich, jeder unserer Spieler hat eine Vorbildfunktion für alle anderen. Ma Long arbeitet sehr hart und verbessert sich von Jahr zu Jahr. Trotzdem konnte sein Fortschritt nicht mit dem von Zhang Jike mithalten, wenn man die Erfolge der beiden bei großen Turnieren miteinander vergleicht. Jeder hat hohe Erwartungen an Ma Long, aber vor allem mentale Aspekte standen ihm bislang im Weg.“
Fortsetzung folgt.