Durch zwei 9:5-Siege am vergangenen Wochenende – geschlagen wurden Viktoria Preußen Frankfurt und der VfR Simmern – belegte der TTC Ober-Erlenbach punktgleich mit Staffelsieger SV Schott Jena Platz zwei der Abschlusstabelle der Regionalliga Südwest. Da Jena sich nicht für die höhere Spielklasse beworben hat, ist der zweite Rang gleichbedeutend mit dem direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord – Hessen zählt ab der kommenden Saison zum Einzugsgebiet des Nordens. Der Liga werden nach aktuellem Stand folgende Klubs angehören: TTC indeland Jülich, TTC Ruhrstadt Herne, TTC Schwalbe Bergneustadt, SV Union Velbert, SV Siek, 1. FC Köln, BV Borussia Dortmund, SV Brackwede, TuS Xanten und eben auch der TTC Ober-Erlenbach.
Der Verein aus dem idyllischen, eher dörflichen Stadtteil Bad Homburgs vor den Toren Frankfurts schickt sich an, in die Fußstapfen Gönnerns und Hanaus zu treten. In Kooperation mit dem HTTV ist man bestrebt, dessen Nachwuchsförderungsmodell umzusetzen und außergewöhnliche Talente an hohe Spielklassen heranzuführen.
Die HTTV-Talente Julian Mohr und Dominik Scheja waren bereits Leistungsträger des TTC in der Regionalliga, Mohr im vorderen Paarkreuz, Scheja in der Mitte. Mit dem 19-jährigen Jens Schabacker wurde die Nummer zwei des Regionalliga-Tabellendritten TG Nieder-Roden hinzu verpflichtet, so dass bereits drei Positionen der künftigen Vierer-Truppe mit einheimischen Talenten besetzt sind.
Mit weiteren Kandidaten wird verhandelt. Manche sähen gerne einen erfahrenen Leitwolf im Team, der die Boy-Group führen könnte, andere wollen den „Jugendstil“ komplett machen. So hört man, dass HTTV-Toptalent Marc Rode vom bisherigen Ober-Erlenbacher Ligakonkurrenten Viktoria Preußen, der im vorderen Paarkreuz eine 25:11-Bilanz erspielte, ein ernsthaftes Thema sei.
Das wäre dann wirklich das Modell „HTTV pur“ mit ausschließlich jungen Hessen in einer Zweitligatruppe. Natürlich würde es sehr schwierig, nicht Kanonenfutter im Unterhaus zu werden, das vermutlich so stark wie nie besetzt sein wird. Andererseits wären den „jungen Wilden“ aus Ober-Erlenbach die Sympathien weiter Teile der Tischtennisszene sicher. Und vielleicht schaffen es die Toptalente ja tatsächlich, sich rasch zu steigern und sich der neuen Herausforderung anzupassen. Das Potenzial für Liga 2 dürften sie allesamt besitzen. Ob es längerfristig bei manchem sogar zu mehr reichen könnte, muss sich noch zeigen.
Vielleicht nimmt sich ja über kurz oder lang sogar Trainer-Ikone Helmut Hampl, Cheftrainer des HTTV, seiner Nachwuchs-Asse an und tritt wieder am Rande der Bande in Erscheinung. Mannschaften aus jungen Spielern zusammenzuschweißen und mit ihnen überraschende Erfolge zu erzielen, war immer Hampls besondere Stärke, bis ihm die zuletzt führungsmäßig indisponierte TG Hanau Ende der letzten Saison einen Strich durch die Rechnung machte. Vielleicht geht ja noch Hampl, Part III. Mitglied bei den Ober-Erlenbachern ist der Erfolgstrainer schon seit längerem. Sein Sohn Björn war im Übrigen einer der Leistungsträger der Aufstiegsmannschaft.
Falls das Experiment einstweilen sportlich misslingen würde, fände man sich 2014/15 eben in der neuen 3. Liga wieder und könnte am Wiederaufstieg arbeiten. Insgesamt durchaus reizvolle Perspektiven, sofern man den eingeschlagenen Weg konsequent weiter beschreiten möchte. Man ist nun frühzeitig in einem Bereich angelangt, den man zwar mittelfristig angestrebt, so schnell aber sportlich noch nicht für realisierbar gehalten hatte. Die Tischtennis-Community wird den Fortgang des Ober-Erlenbacher Experiments jedenfalls aufmerksam und nicht ohne Wohlwollen beobachten.
Teammanager Johannes Herrmann, der schon bei Gönnern sowie in der erfolgreichen Hanauer Anfangszeit in leitenden Funktionen tätig war, kann seine Zufriedenheit nicht verbergen: „Das war eine unbeschreibliche Saison für uns, in der alle Erwartungen übertroffen wurden. Eigentlich war bei den vielen jungen Spielern, die einfach die Chance haben sollten, in der Regionalliga zu spielen und sich weiterzuentwickeln, der Klassenerhalt unser Ziel. Und jetzt der Aufstieg – das ist nicht zu toppen.“ Zu den Personalplanungen wollte sich Herrmann einstweilen noch nicht im Detail äußern: „Es kursieren ja schon gewisse Namen, aber das werden wir in Ruhe angehen, zunächst sind wir glücklich über den Aufstieg und werden diesen mit unseren Fans gebührend feiern. Im Übrigen sind wir sehr froh, dass mit Jens Schabacker schon mal ein weiterer junger Spieler mit besten Perspektiven zu uns stößt, der unser Zweitliga-Team bereichern wird.“
Die Zusammenarbeit mit dem HTTV wird weiterhin Dreh- und Angelpunkt des ‚Projekts Ober-Erlenbach‘ sein: „Unser Ziel ist es, eine Elite junger Talente aufzubauen und nach vorne zu bringen. Die 2. Liga ist dazu eine geeignete Spielklasse. Wir hatten in Hessen keinen Zweitligisten mehr, umso schöner ist es, dass wir diesen Anreiz nun den jungen Spielern bieten können.“ Herrmann ist Realist: „Natürlich wird es in der 2. Liga extrem schwer, aber das ist auch reizvoll. Wir werden unser Bestes geben und dann schauen wir mal, was zu erreichen ist.“ Auch die Finanzen müssen mitspielen, will man eine konkurrenzfähige Truppe ins Rennen schicken und mittelfristig vielleicht sogar mal weiter nach oben blicken: „Wir werden nun unsere Arbeit vor Ort intensivieren und wollen Strukturen aufbauen. So werden wir auch verstärkt bei den Firmen und Unternehmen in Bad Homburg und Umgebung vorstellig werden, um weitere Partner und Sponsoren zu gewinnen. Bisher hat der TTC überwiegend mit eigenen „Bordmitteln“ gearbeitet, nun wollen wir versuchen, das Ganze auch finanziell auf eine breitere Basis zu stellen.“