Es war einiges los am Sonntag in Deutschlands Eliteliga. Vor 1.500 Zuschauern – zweitbester Besuch in der laufenden TTBL-Saison überhaupt – gewann Ochsenhausen das Topspiel gegen Düsseldorf trotz eines Patrick Baum in Galaform mit 3:2. Liam Pitchford glänzte bei den Oberschwaben mit einem klaren 3:0 über Christian Süß. Beide Klubs liegen nun Kopf an Kopf vorne mit völlig identischem Punkt- und Spiele-Verhältnis.
Endgültig raus aus dem Play-off-Rennen ist Frickenhausen. Das drastische 0:3 gegen bärenstarke Grenzauer im Rekordtempo zeigt, wie weit die Schwaben derzeit von der Spitze entfernt sind, auch wenn sie den frischgebackenen Deutschen Einzel-Meister in ihren Reihen haben.
Nichts ausrichten konnten die Saarbrücker im Duell der Play-off-Anwärter gegen Bremen (separater Spielbericht folgt). Durch den 3:1-Erfolg an der Saar stehen die Werderaner – neben Ochsenhausen und Düsseldorf – vorzeitig als dritter Play-off-Teilnehmer fest. Zwar könnten Fulda und Frickenhausen theoretisch noch nach Punkten gleichziehen, doch selbst dann schlägt für Bremen in jedem Fall die bessere Spiele-Differenz zu Buche.
TTF Liebherr Ochsenhausen – Borussia Düsseldorf 3:2
Es war ein tolles, würdiges Spitzenspiel. Auch wenn beim Rekordmeister und Titelverteidiger aus dem Rheinland Timo Boll pausierte, der allerdings zuletzt nicht in überragender Form war, konnte man erwarten, dass es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hinauslaufen würde.
Patrick Baum hatte seinen besten Tag in der bisherigen Saison erwischt und machte den Ochsenhausener Spielern das Leben extrem schwer.
Doch diesen glückte vor 1.500 Fans die Revanche für die knappe 2:3-Hinspielniederlage, bei der ihnen seinerzeit Topspieler Ryu Seung Min nicht zur Verfügung gestanden hatte.
Zwar besiegte Baum nicht nur Kirill Skachkov, sondern auch TTF-Topstar Ryu Seung Min, doch die restlichen Matches gingen an den Gastgeber. So hatten Ryu und Skachkov wenig Mühe gegen Ricardo Walther, und dem frischgebackenen englischen Meister Liam Pitchford gelang mit einem glatten 3:0 über Christian Süß ein nicht von vielen erwarteter Coup.
Ochsenhausens Präsident Kristijan Pejinovic erlebte es so: „Liam hat locker aufgespielt, im ersten Satz war es noch eng, doch dann hat man schon gemerkt, dass der eine oder andere Ball von ihm selbst für einen Süß zu schnell war. Der Junge hat seine Aufstellung voll und ganz gerechtfertigt. Er hat großes Potenzial.“ Pitchford selbst, ein eher zurückhaltender junger Mann und kein Freund großer Worte, stand die Freude ins Gesicht geschrieben. Sein knapper Kommentar: „Ich freue mich sehr, dass ich einen Punkt zum Sieg der Mannschaft in einem so wichtigen Spiel beisteuern konnte.“ Der für den verletzten Tiago Apolonia ins Team gerückte schlaksige Engländer hatte schon im Hinspiel am 28. Oktober einen tollen Auftritt – damals hatte er Patrick Baum überlegen besiegt.
Auch für Ryus Niederlage gegen Baum hatte TTF-Präsident Pejinovic eine plausible Erklärung: „Abgesehen davon, dass Baum heute wirklich gut drauf war, hat Ryu öfters seine Probleme mit Linkshändern, wie auch schon in der Champions League, wo er zweimal gegen Gerell verlor.“ Es war übrigens das dritte Match, das der prominente TTF-Koreaner in dieser Saison verloren hat. Dem stehen 13 Siege gegenüber.
Nun steht die Mannschaft aus Oberschwaben punkt- und spielgleich mit Borussia Düsseldorf an der Tabellenspitze. Ein interessantes Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum letzten Spieltag steht bevor, an dem sich vermutlich erst entscheiden wird, wer die Punktrunde als Ligaprimus abschließt.
Die Play-offs sind nunmehr für beide Mannschaften auch rechnerisch erreicht, der Tabellenvierte Saarbrücken kann sie nicht mehr einholen. Auch der 2. Platz ist ihnen kaum noch zu nehmen – er könnte allenfalls noch durch Werder Bremen gefährdet werden, und auch nur dann, wenn eine von beiden ihre beiden letzten Partien verlieren würde. Sollten Ochsenhausen und Düsseldorf tatsächlich die beiden ersten Plätze unter sich ausmachen, würden sie sich auf jeden Fall in den Play-off-Halbfinals aus dem Weg gehen und könnten erst in einem möglichen Endspiel aufeinandertreffen.
Ochsenhausens Kristijan Pejinovic bewertete die Partie wie folgt: „Es war von Anfang an klar, dass es auch ohne Boll ein schweres Spiel für uns werden würde, so wie das Hinspiel schwer für die Düsseldorfer war, obwohl bei uns Ryu gefehlt hat. Tiagos Fußverletzung war nicht besser geworden, also war klar, dass Liam spielen würde. Gegen ihn hatten die Düsseldorfer fest mit einem Punkt gerechnet und entsprechend taktisch aufgestellt, doch hat er heute allen gezeigt, wie gut er inzwischen schon geworden ist. Sein Sieg gegen Süß war absolut verdient und ganz wichtig für das Team.“ Der TTF-Chef freute sich auch über das „Drumherum“: „Das hat alles gepasst: Volle Hütte, Center-Court-Atmosphäre mit supergeiler Stimmung und ein spannendes Spitzenspiel. Unser Spieltagspartner ORIZON hat das gesamte BSZ in attraktivem Orange ausgeschmückt und die Partie als Presenter toll dargestellt.“ Das Finish der Punktrunde sieht er durchaus optimistisch: „Wir haben noch die Spiele gegen Plüderhausen und in Frickenhausen vor uns. Beides ist machbar. Spannend wird es auf jeden Fall. Wenn wir den ersten Platz schaffen sollten, umso besser.“
Die Borussia hat ein für den erfolgsverwöhnten Ausnahmeklub außergewöhnlich erfolgloses Tischtennis-Wochenende hinter sich. Dem 1:3 im ECL-Halbfinale in Chartres folgte die sonntägliche Niederlage in Ochsenhausen. Erwartungsgemäß zeigte sich Manager Andreas Preuß wenig begeistert: „Jetzt ist die Tabellenführung erst einmal futsch. Das kann sich noch rächen, denn wir müssen ja schon jetzt auf die Play-off-Runde schauen und auf welchen Gegner man dort im Halbfinale treffen könnte.“ Dem zweimal geschlagenen Ricardo Walther wollte Preuß keinen Vorwurf machen: „Das ist eine Liga, in der Ricardo einfach noch nicht spielt.“ Trainer Danny Heister freute sich aber über die gelungenen Darbietungen von Patrick Baum: „Kompliment an Patrick. Das war heute eine tolle Leistung. Er hat wieder einmal gezeigt, dass er unsere Mannschaft führen kann.“
Ergebnisse Ochsenhausen – Düsseldorf
Ryu Seung Min – Ricardo Walther 3:0 (13:11, 11:5, 11:7)
Kirill Skachkov – Patrick Baum 1:3 (11:8, 9:11, 10:12, 6:11)
Liam Pitchford – Christian Süß 3:0 (11:9, 11:5, 11:9)
Ryu Seung Min – Patrick Baum 2:3 (11:7, 6:11, 11:9, 7:11, 9:11)
Kirill Skachkov – Ricardo Walther 3:0 (11:9, 11:7, 11:8)
TTC matec Frickenhausen – TTC Zugbrücke Grenzau 0:3
Der TTC Zugbrücke Grenzau ist und bleibt in dieser Saison eine Wundertüte. Als Außenseiter fuhren Filus & Co. nach Frickenhausen, das um seine letzte Chance auf die Play-offs kämpfte und zudem den Fans stolz den neuen Deutschen Einzel-Meister 2013 Steffen Mengel präsentieren wollte.
Und dann machte das Team aus dem rheinischen Westerwald sein vielleicht bestes Saisonspiel und fegte die Schwaben in einer Stunde und 28 Minuten aus der eigenen Halle. Die Westerwälder ließen dem Gastgeber insgesamt ganze zwei Sätze. Wer das 0:3 aus dem Hinspiel noch im Kopf hatte, konnte kaum glauben, was er in Frickenhausen zu sehen bekam.
Es begann mit einer mitreißenden Vorstellung von Defensiv-Ass Ruwen Filus, der acht Tage zuvor noch verletzt bei den Deutschen Meisterschaften in Bamberg hatte passen müssen. Gegen den wieselflinken japanischen Weltklassespieler Koki Niwa, im internationalen Ranking 54 Plätze vor seinem Kontrahenten notiert, zeigte der blonde Niedersachse eines seiner besten Saisonspiele. Zweimal legte er vor, zweimal kam sein Widersacher zum Satzausgleich. Doch im fünften Durchgang spielte Filus souverän und gewann klar mit 11:5 dank toller Abwehr- und Angriffsbälle. Er steht nun 7:8 und hat sein Ziel, erstmals in seiner Karriere in der TTBL ausgeglichen zu spielen, weiterhin fest im Visier.
Als Außenseiter ging auch Zoltan Fejer-Konnerth gegen den unorthodoxen chinesischen Defensivspieler mit slowakischem Pass, Wang Yang, an den Tisch. Dass der Grenzauer gegen Abwehr gut spielt, ist bekannt. Wang beherrscht jedoch ein extremes Störspiel mit allerlei unerwarteten Bällen und greift sofort an, wenn er die Chance wittert. Doch Fejer-Konnerth ließ sich davon überhaupt nicht irritieren und agierte vom ersten Ball an clever und gekonnt. Sein 3:0 war nie in Gefahr. 2:0 zur Pause für den Gast aus dem Brexbachtal. Die 350 Frickenhausener Fans staunten nicht schlecht. Doch würde es so weitergehen?
Es ging so weiter. Im Duell zweier frischgebackener nationaler Meister erwies sich der kroatische Champion Andej Gacina dem deutschen Titelträger und Timo-Boll-Bezwinger Steffen Mengel heute eindeutig überlegen. Nur am Ende durfte Mengel ein wenig mitspielen, die Bigpoints machte aber nach wie vor Gacina, dessen taktische Aufstellung als Dreier voll ins Schwarze getroffen hatte. Durch sein 11:1, 11:8 und 11:9 packte der 26-jährige Grenzauer den unerwarteten Sieg bei den Schwaben in trockene Tücher.
Hochzufrieden war dementsprechend Spielertrainer Tomas Pavelka: „Heute ist wirklich alles perfekt für uns gelaufen. Die Aufstellung hat gepasst und die Jungs haben alle richtig stark gespielt. Da gibt es für mich als Trainer einfach nicht auszusetzen. Ich kann die Jungs nur loben und bin sehr, sehr zufrieden.“ Zu den einzelnen Matches führte Pavelka aus: „Ruwen hat taktisch sehr gut gespielt und kühlen Kopf bewahrt. Zoli war sehr stark heute und hat Wang wirklich nicht die geringste Chance gelassen. Andrej hat sehr gut begonnen. Im 2. Satz hat Mengel aber viel riskiert und ein paar schwere Bälle getroffen. Andrej hat aber die Übersicht behalten und sich nicht aus seinem Spiel bringen lassen. Am Ende war es auch für ihn ein ziemlich sicherer Sieg.“ Und Grenzaus Präsident Manfred Gstettner strahlte: „Damit ist uns die Revanche für das 0:3 in eigener Halle in der Vorrunde geglückt. Die Aufstellung war für uns günstig.“
Frickenhausens Manager Jürgen „Max“ Veith war angefressen: „Das Niveau der Begegnung war insgesamt einfach erbärmlich. Ich bin immer noch sprachlos.“ Eine Ursache sah Veith in einer für seinen Klub „total unglücklichen Aufstellung“, während die von den Gästen aus dem Westerwald eingereichte Aufstellung ein „genialer Schachzug“ gewesen sei.
Der TTC Zugbrücke Grenzau (10:16 Punkte) zog mit dieser überzeugenden Vorstellung an den Frickenhausenern vorbei auf Platz 6 der TTBL-Tabelle. Im letzten Saisonspiel am 22. März in Saarbrücken hat man nun die Chance, noch etwas weiter nach oben zu klettern und eine schwierige Saison doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss zu bringen.
Der „Tälesklub“ (8:14 Punkte) hingegen ist, realistisch betrachtet, raus aus dem Geschäft. Zwar könnte man rein theoretisch noch einige der Teams ab Platz drei einholen – aber das ist reine Theorie. Vom Verlauf her war es für die Qiu-Truppe enttäuschend: Man startete mit 6:2 Zählern in die Runde und kassierte dann, bis auf eine Ausnahme, nur noch Niederlagen. Koki Niwa und Wang Yang, die anfänglich zu neuen Superstars der Liga zu werden schienen, ließen im weiteren Verlauf der Runde deutlich nach.
Ergebnisse Frickenhausen – Grenzau
Koki Niwa – Ruwen Filus 2:3 (5:11, 11:8, 4:11, 11:8, 5:11)
Wang Yang – Zoltan Fejer-Konnerth 0:3 (4:11, 5:11, 8:11)
Steffen Mengel – Andrej Gacina 0:3 (1:11, 8:11, 9:11)