Ochsenhausen und Düsseldorf zufrieden, Saarbrücken hat’s nicht leicht
Das Victor`s Residenz Hotel in Saarbrücken war am Freitag Schauplatz der Auslosung der Gruppenphase der europäischen Königsklasse der Herren in der Saison 2012/13 – um 13:15 Uhr war es vollbracht.
Unter den Augen von ETTU-Präsident Stefano Bosi wurden die Teams per Los den vier Gruppen A, B, C und D zugeordnet – diesmal waren lediglich zwölf Mannschaften im Topf, vier weniger als noch letzte Saison. Gesetzt als Gruppenköpfe aufgrund der guten Weltranglistenpositionen ihrer Spieler waren immerhin drei der vier teilnehmenden TTBL-Klubs, nämlich Borussia Düsseldorf, TTF Liebherr Ochsenhausen und ECL-Neuling Werder Bremen. Titelverteidiger Fakel Gazprom Orenburg (Russland) war ebenfalls topgesetzt.
Drei deutsche Vereine können mit der Auslosung recht zufrieden sein, nur die Saarbrücker haben eine Hammergruppe vor der Brust, in der sie sich unter anderem mit Titelverteidiger Orenburg auseinandersetzen müssen. Kurios: Düsseldorf trifft mit Niederösterreich und Bogoria exakt wieder auf dieselben Teams, an denen es 2011/12 knapp gescheitert ist.
Da der Deutsche Pokalsieger, Meister der 1. Bundesliga (TTBL) und deutsche Vizemeister 1. FC Saarbrücken TT, der letzte Saison nur um Haaresbreite am Finaleinzug in der Königsklasse gescheitert war, „nur“ die Nummer sechs der Setzliste war, durfte man nicht unbedingt auf eine günstige Auslosung hoffen. Und es kam knüppeldick für die Saarländer, die zusammen mit Orenburg in Gruppe A ums Weiterkommen kämpfen müssen. Allerdings kommen von drei Teams immerhin zwei ins Viertelfinale – somit müsste man also den französischen Klub G.V. Hennebont TT hinter sich lassen. Das erscheint machbar für die extrem ausgeglichene Truppe des Traditionsklubs von der Saar, dessen langjähriger Trainer Matthias Landfried in der kommenden Saison Cheftrainer des kroatischen Meisters STK Dr. Casl Zagreb wird. Wenn Tokic, Monteiro und Steger allerdings etwas gegen den Gazprom-Klub aus Russland mit Vladimir Samsonov und Dimitrij Ovtcharov ausrichten könnten, käme das schon einer Sensation gleich.
Nicht beklagen brauchen sich dagegen die durch Ex-Olympiasieger Ryu Seung Min verstärkten Oberschwaben. TTF Liebherr Ochsenhausen wird sich in Gruppe B vermutlich mit den Franzosen von Chartres ASTT um den Gruppensieg duellieren, die mit Gao Ning, Robert-Gardos und Ex-TTF-Spieler Pär Gerell eine starke Truppe ins Rennen schicken. Alles andere als Platz drei für El Nino Prag wäre dagegen ein Wunder.
Allerdings ist man in Ochsenhausen gewarnt, da man letzte Saison auch gegen ein tschechisches Außenseiter-Team aus Prag als turmhoher Favorit in den Wettbewerb gestartet war und dennoch vor heimischer Kulisse ein bitteres 0:3 gegen Lokomotiva Vrsovice Aquecon kassiert hatte, das die Mannschaft auch mental wochenlang nicht abschütteln konnte. Und die erste Partie lautet – wie könnte es anders sein – erneut Ochsenhausen vs. Prag (diesmal gegen El Nino). Doch genug der pessimistischen Parallelen und Prophezeiungen: Die Oberschwaben dürften deutlich stärker sein als letzte Saison und sehen ihren Gruppenspielen positiv und mit Vorfreude entgegen.
TTF-Präsident Kristijan Pejinovic, der selbst in Saarbrücken zugegen war, bringt es auf diesen Nenner: „Ich denke, wir haben ein gutes Los gezogen, die Gruppe ist machbar, das Viertelfinale mit unserer neu formierten Mannschaft erreichbar. Natürlich werden wir nicht den Fehler machen, einen der beiden Gegner zu unterschätzen. Wir haben noch in Erinnerung, wie es letzte Saison im ersten Spiel gegen Prag lief. Chartres wird mit Gao Ning und Pär Gerell, der eine hervorragende Saison gespielt hat, ein sehr guter Gegner sein, Prag ist sicher etwas schwächer. Wir werden beiden Teams jedenfalls mit dem nötigen Respekt begegnen, sind aber auch von unseren Stärken überzeugt.“ Doch nicht nur die Ergebnisse sollen stimmen, auch das „Drumherum“ soll passen: „Jetzt werden wir schauen, dass wir die Spiele gut vermarkten. Wir wollen, dass diese Saison in der Champions League die Bude rockt, die Halle soll bei unseren Heimspielen richtig voll werden und die Stimmung mitreißend sein.“ Einziger Wermutstropfen in der Sicht Pejinovics: „Durch Olympia ist die Saisonvorbereitung für die Vereine extrem schwierig, da äußerst kurz. Wenn man den Spielern danach noch ein paar Tage frei gibt, hat man kaum mehr als zwei Wochen zur Verfügung.“
Königsklassen-Newcomer SV Werder Bremen hat die vermutlich geringfügig härtere Gruppe C erwischt, in der Vize-Champion UMMC Jekaterinburg mit den Topspielern Michael Maze und Hou Yingchao natürlich einen ganz fetten Brocken verkörpert. Hinzugestoßen zum UMMC ist mit Tan Rui Wu – früher in Diensten von Würzburg und Frickenhausen – ein Akteur mit langjähriger Bundesliga-Erfahrung. Doch die Werderaner sollten unter Mithilfe des Neuzugangs Chuang Chih-Yuan, aktuelle Nummer acht des Welt-Rankings, mindestens Rang zwei packen und die französische Mannschaft von Pontoise Cergy auf Distanz halten können. Die Franzosen haben mit dem Chinesen Wang Jian Jun, der aus Charleroi kam, einen guten Neuzugang an Bord, müssen aber den Weggang ihres großen Hoffnungsträgers Adrien Mattenet kompensieren.
Werder-Teamchef Sascha Greber sieht seine Mannschaft vor diffizilen Aufgaben: „Das ist eine Hammergruppe, schwerer geht es aus meiner Sicht gar nicht.“ Doch Greber freut sich auf die Herausforderung: „Das ist ein Traum. Wir sind stolz darauf, dabei zu sein und unseren Fans die Champions League bieten zu können.“ Selbstvertrauen ist genügend vorhanden: „Wir haben mit Chuang und Crisan zwei Champions League-erfahrene Spieler und im Verbund mit Drinkhall und Cioti eine schlagkräftige Truppe. Unser Ziel ist der Einzug ins Viertelfinale.“
ETTU CUP-Sieger Borussia Düsseldorf, der seine Schmach in der ECL-Saison 2011/12 vergessen machen und zum fünften Mal in der ereignisreichen Klubhistorie den kontinentalen Thron besteigen möchte, hat ein akzeptables Los erwischt und ist in Gruppe D eindeutiger Favorit. Boll, Baum, Süß und Walther sollten sich gegen den SVS Niederösterreich wie gegen die Polen von Bogoria Grodzisk behaupten können, auch wenn die ETTU auf ihrer Webseite ihre Gruppe zur „Todesgruppe“ erklärt.
Höchst interessant ist, dass alle drei Vereine schon 2011/12 in einer Gruppe aufeinandertrafen und die Borussia am Ende den Kürzeren zog. Es reichte nur zu Platz drei hinter dem Ersten Niederösterreich und dem Zweiten Bogoria, der dann zum Seiteneinstieg in den ETTU CUP führte. Allerdings waren die Rheinländer in dieser Saisonphase auch von Verletzungen gebeutelt und konnte nicht das Niveau abrufen wie gegen Ende der Saison. So gesehen muss Boll und Kollegen nicht allzu bange sein, auch wenn sich der Schlager-Klub aus der Alpenrepublik mit dem Hongkong-Chinesen Leung Chu Yan verstärkt hat, der den SV Plüderhausen verließ. Bogoria hingegen kann nicht mehr auf Weltklassespieler wie Oh Sang Eun und Wang Zeng Yi zurückgreifen, hat allerdings den starken Jiang Tianyi (Honkong), aktuelle Nummer 19 der Welt, an Bord.
Düsseldorfs Manager Andreas Preuß unterstreicht die Kuriosität der Auslosung: „Dass man einen Gegner aus der Vorsaison wiedertrifft, ist nicht ungewöhnlich, aber dass einer Gruppe drei Mannschaften der letzten Spielzeit zugelost werden, ist schon sehr kurios.“ Dennoch ist der 50-jährige Borussen-Chef nicht unzufrieden: „Das ist ein gutes Los. Beides sind attraktive Mannschaften, aber wir haben gute Möglichkeiten, uns zu revanchieren und in die KO-Phase zu kommen, da die Polen ein wenig schwächer einzustufen sind als 2011/12. Ich bin froh, dass wir nicht schon in der Gruppenphase lange Reisen vor uns haben.“
Auch wenn die Spitze in Europas Königsklasse – nicht zuletzt aufgrund der prominenten Verstärkungen bei Vereinen wie Ochsenhausen oder Bremen – enger zusammenrücken dürfte, gelten Orenburg und Düsseldorf wie schon letzte Saison als die Topfavoriten auf die kontinentale Krone und werden von fast allen Managern und Trainern der ECL-Klubs ganz oben erwartet.
Der Startschuss zu neuen Saison der European Champions League fällt am (verlängerten) Wochenende 7./10. September 2012 mit den Partien Orenburg vs. Hennebont, Ochsenhausen vs. Prag, Werder vs. Pontoise sowie Düsseldorf vs. Bogoria.
Die Auslosung zur Champions League der Damen findet übrigens Mitte Juli in der Werner Schlager Academy in Schwechat bei Wien statt.
Gruppen-Zusammensetzung ECL 2012/13
Gruppe A: Orenburg (RUS), Saarbrücken (GER), Hennebont (F)
Gruppe B: Ochsenhausen (GER), Chartres (F), Prag (CZE)
Gruppe C: Bremen (GER), UMMC (RUS), Pontoise (F)
Gruppe D: Düsseldorf (GER), Niederösterreich (AUT), Bogoria (POL)
Setzliste
01. Fakel Gazprom Orenburg (RUS) 7.041 Punkte
02. Borussia Düsseldorf (GER) 6.954
03. SV Werder Bremen (GER) 6.742
04. TTF Liebherr Ochsenhausen (GER) 6.671
05. Chartres ASTT (FRA) 6.577
06. 1. FC Saarbrücken TT (GER) 6.524
07. SVS Niederösterreich (AUT) 6.449
08. UMMC Jekaterinburg (RUS) 6.366
09. Bogoria Grodzisk Mazowiecki (POL) 6.151
10. G.V. Hennebont TT (FRA) 6.069
11. AS Pontoise Cergy (FRA) 6.045
12. SF El Nino Prag (CZE) 5.440
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