Do., 27. Februar 2025
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Boll Favorit, Solja mit Titelchancen: 87. NDM ab Freitag in Wetzlar

Von Freitag bis Sonntag werden in der Wetzlarer Rittal Arena die 87. Nationalen Deutschen Meisterschaften (NDM) ausgetragen – 2014 war die 3.500 Zuschauer fassende Eventhalle erstmals Schauplatz der deutschen Titelkämpfe. Letztes Jahr in Berlin sicherten sich Timo Boll und Han Ying die begehrten Titel.

Die beiden Titelverteidiger sind auch diesmal topgesetzt. Doch momentan scheint Petrissa Solja etwas stärker zu sein als Han.

Boll und Ovtcharov: Internationale Verpflichtungen nehmen überhand

Betrüblich ist, dass der Weltranglistenfünfte aus dem Odenwald in Wetzlar nach zwölf deutschen Einzelmeister-Titeln seine Abschiedsvorstellung bei diesem Turnierformat geben wird. Es ist fraglos ein emotionales Highlight, wenn der Hesse Boll in Hessen von Bord geht – auch wenn es „nur“ die Deutschen Meisterschaften betrifft. Das Turnier sei ihm immer sehr wichtig gewesen. Er betont: „Die Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften war für mich immer Ehre und Verpflichtung.“ Dennoch müsse er angesichts von immer mehr internationalen Turnierverpflichtungen, denen er nachkommen müsse, um in der Weltrangliste im oberen Bereich zu bleiben, seinem Alter – Boll wird am 8. März 38 – Tribut zollen. Auch die Ambitionen der Düsseldorfer Borussia, die sich national und international hohe Ziele gesetzt habe, seien ein Faktor.  

Da sein größter Rivale in Deutschland, Dimitrij Ovtcharov, wegen seines ebenfalls übervollen Terminkalenders auf den Start in Mittelhessen verzichtet hat und somit das „naturgegebene“ Finale nicht möglich ist, könnte das Herrenturnier zu einer recht einseitigen Angelegenheit werden. Alles andere als der 13. nationale Einzeltitel für Boll wäre eine Sensation. Anders bei den Damen, wo mindestens sechs Starterinnen realistische Titelchancen eingeräumt werden.  

Kann Patrick Franziska Timo Boll den Abschied verderben? 

Es ist nicht so, dass Boll keine ernsthaften Gegner in Wetzlar vor der Brust hätte. Patrick Franziska, Bastian Steger, Ricardo Walther, Benedikt Duda, Qiu Dang, Ruwen Filus und Kilian Ort – in der Reihenfolge der Setzliste – sind mit von der Partie. Alles Spieler, die weit kommen könnten. Doch eine Ablösung des Rekordsiegers traut man allenfalls einem Franziska in Topform zu, auch wenn man weiß, dass Walther Boll schlagen kann, ansonsten aber nicht gerade durch Konstanz glänzt und erst einmal zum Duell mit dem Ausnahmespieler kommen muss.  

Im Herren-Doppel räumt man den Formationen Franziska/Walther, Duda/Qiu und Filus/Mengel – auch in dieser Reihenfolge gesetzt – die besten Chancen ein. Duda/Qiu hatten im letztjährigen Finale von Berlin überraschend Filus/Walther mit 3:0 entthront.

Petrissa Solja mit guten Titelchancen im Einzel, Doppel und Mixed 

Angeführt wird ein Quintett von Langstädter Spielerinnen von der an zwei gesetzten Europe Top 16-Gewinnerin Petrissa Solja, die als chancenreiche, vielleicht sogar die chancenreichste Teilnehmerin gelten darf, da sie in den letzten Wochen in bestechender Form war. Und sie nimmt das Turnier sehr ernst. „Ich freue mich auf Wetzlar und werde alles versuchen, Deutsche Meisterin zu werden, auch wenn das Turnier sehr gut besetzt ist“, so die 24-jährige TSV-Spitzenspielerin. Einmal hatte sie bereits das Vergnügen, als Titelträgerin im Damen-Einzel ganz oben auf dem Treppchen zu stehen, nämlich 2015 in Chemnitz.  

Solja avancierte 2013 und 2015 an der Seite von Sabine Winter zur deutschen Titelträgerin im Doppel. Und auch diesmal wird die gebürtige Pfälzerin mit Winter zusammen am Tisch stehen, ein eingespieltes Gespann, das 2013 sogar Europameister wurde. Da die amtierenden Europameisterinnen, Kristin Lang und Nina Mittelham, diesmal nicht zusammen spielen, ist das Langstadt-Kolbermoor-Duo fraglos der heißeste Titelanwärter. Gesetzt sind sie aber nur an Position zwei, da zählen nämlich die Q-TTR-Werte, bei denen das Duo Kristin Lang/Shan Xiaona in der Summe knapp die Nase vorn hat. Auch zu beachten sind Chantal Mantz/Yuan Wan von der TTG Bingen/Münster-Sarmsheim, die trotz junger Jahre ein eingespieltes, international erfolgreiches Doppel bilden und in Wetzlar an drei gesetzt sind. Auch Tanja Krämer/Jessica Göbel vom TV Busenbach spielen traditionell ein gutes Doppel. 

Soljas Hauptrivalinnen im Einzelturnier sind sicher Han Ying, die seit Jahren für den polnischen Champions-Ligisten Tarnobrzeg aufschlägt. Im Finale des Vorjahres hatte die Abwehrstrategin die routinierte Busenbacherin Tanja Krämer mit 4:2 bezwungen. Krämer, nationale Deutsche Einzelmeisterin 2008, ist fraglos eine Turnierspielerin, die sich „hineinbeißen“ kann. Ob sie indes erneut so weit kommt, erscheint fraglich. In der Bundesliga (Bilanz: 3:17) läuft es bei ihr jedenfalls alles andere als rund.  

Natürlich sind auch Kristin Lang und Sabine Winter (beide Kolbermoor) zu beachten, wenn es um die Vergabe der Titel geht, wobei Lang in den letzten Wochen und Monaten durch konstant starke Leistungen glänzt und Winter latent schwächelt. Aber man soll bekanntlich nie „nie“ sagen und ein solches Turnier ist ja gerade eine exzellente Chance, sich aus der Krise zu spielen. Und dann gibt es ja auch noch den Bundesligaprimus ttc berlin eastside, der die nach ihrer Schwangerschaftspause wieder klar im Aufwind befindliche Shan Xiaona – Deutsche Meisterin 2013 und 2014 – sowie die in den letzten Wochen bärenstarke Nina Mittelham, die als gar nicht so geheimer Geheimtipp hoch gehandelt wird, ins Rennen schickt. 

Im Mixed könnte sich Petrissa Solja eine weitere Medaille angeln, vielleicht sogar eine „goldige“. Die Links-Rechts-Kombination mit Patrick Franziska müsste eigentlich prächtig harmonieren. Und topgesetzt sind die beiden „Hessen“ – die eine spielt in Hessen, der andere kommt aus Hessen – obendrein.  

Langstadt-Quintett freut sich auf hessisches „Heimspiel“  

Zurück zum Quintett des Bundesliga-Aufsteigers Langstadt – es ist die Rekordbeteiligung bei den 87. NDM, von keinem anderen Klub, auch bei den Herren nicht, konnten sich so viele Aktive qualifizieren. Die TSV-Starterinnen schlagen nicht nur im Erst-, sondern zum Teil auch im Drittligateam auf. Neben „Peti“ Solja werden auch Janina Kämmerer (Setzposition 14), Alena Lemmer (17), Anne Bundesmann (23) und Sonja Busemann (24) am Start sein – Solja und Kämmerer sind für das Hauptfeld gesetzt, die übrigen drei müssen bereits am Freitag durch die Mühlen der Qualifikation. Im Einzel werden zunächst Vorrunden in Vierergruppen im Modus „Jeder gegen Jeden“ gespielt. Jeweils die beiden Erstplatzierten qualifizieren sich für die erste Hauptrunde und duellieren sich dort mit einem/einer der 16 Gesetzten.  

„Mein Ziel ist es, im Einzel unter die letzten 16 zu kommen“, so Janina Kämmerer, die sich in der Bundesliga gut akklimatisiert hat (Bilanz im hinteren Paarkreuz: 6:4). „Im Doppel mit Anne (Bundesmann) würde ich gerne ins Viertelfinale kommen und somit unsere Setzung bestätigen.“ Im Training im Frankfurter Leistungszentrum bereitet sie sich in dieser Woche speziell auf das Turnier in Wetzlar vor. „Ich versuche, viele Trainingswettkämpfe zu spielen und an Kleinigkeiten zu arbeiten“, erläutert Kämmerer. „Die Bundesligaspiele sind aber auch eine sehr gute Vorbereitung, da ich so immer mehr Wettkampferfahrung bekomme.“ Das Langstädter Eigengewächs setzt auch auf die Fans: „Ich hoffe, dass die Stimmung in der Halle gut ist und wir als hessische Teilnehmer von den Leuten besonders unterstützt und angefeuert werden.“  

Großer Andrang auf die Tickets 

Das Zuschauer-Interesse ist groß. Für Samstag und Sonntag sind die Sitzplätze bereits ausverkauft. Es werden aber noch jeweils circa 300 Stehplatz-Tickets an der Tageskasse angeboten für 12 Euro (ermäßigt 8 Euro). Für den Freitag, an dem die Gruppenspiele (ab 12.30 Uhr), aber auch schon je eine Doppel- und Mixed-Runde ausgetragen werden, gibt es indes noch Karten sämtlicher Kategorien. Als besonderen Clou kann man für den Auftakt-Tag das Feierabend-Ticket für 5 Euro inklusive eines Freigetränks erstehen.

 

Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher

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